Kaum ein anderer Sektor hat in den letzten Monaten so stark performt, wie die HighTech-Branche. Doch auch hier gibt es starke Differenzen. In der Frontlinie stehen bislang Chip-Hersteller und Big Data-Unternehmen, denn sie ermöglichen die großen Produktivitäts-Sprünge in der breiten Wirtschaft. Research-Institute erwarten, dass die Auswertung großer Datenmengen und der Einsatz von lernenden Maschinen Effizienzsteigerungen von mehr als 10 % pro Jahr erwarten lassen. Gar nicht vorstellbar, wieviel Arbeitsplätze da weltweit auf dem Spiel stehen und an anderer Stelle hinzukommen. Eine Umkehr wird es nicht mehr geben, denn der Trend ist bereits etabliert und in der Technologie gibt es immer nur eine Blickrichtung: In die Zukunft! Wo können Investoren jetzt noch einsteigen?

Nvidia – Ein Aktie zeigt, wo es lang geht

Die Aktie von Nvidia konnte im laufenden Jahr bereits um 180 % zulegen. Der kalifornische Spezialist für High Performance-Chips und KI-Datencenter musste sich in diesem Jahr nicht arg bemühen, seine Produkte am Markt zu platzieren. Nein es lief anders. Internationale Unternehmen, die sich auf die kommende KI-Welle im Business-Sektor einstellen wollen, orderten erstmal ordentlich Hardware und neuer Rechneranlagen. Das beflügelte Nvidia, AMD, Arm Holdings und Super Micro Computer.

Sie alle konnten grüngeränderte Bilanzen vorweisen und deren Aktien zählten zu den Best-Performern an der NASDAQ. Doch seit einigen Wochen stocken die Charts, denn manche Anleger wollen ihre Buchgewinne auch mal in bare Münze umwandeln. Bei der aktuell drittschwersten Aktie der Welt, Nvidia nahm man die Ausschüttung von Gratisaktien zum Anlass, etwas Luft abzulassen. Denn kurz vor und nach dem vollzogenen 1:10 Split ging es noch auf 142 USD nach oben.

Dann war Schluss und die Aktie stolperte in 3 Wellen auf 107 USD nach unten, das sind für die zuletzt eingestiegenen Anleger immerhin mal 25 % Verlust in knapp 6 Wochen. Nun mehren sich auch kritische Stimmen, die von einem gewissen Korrekturbedarf sprechen. Fundamental springen die Umsätze Nvidias im laufenden Jahr erstmal von rund 60 auf geschätzte 120 Mrd. USD. Mit einer Netto-Marge von über 50 % wird ein Gewinn je Aktie 2025e von 2,71 USD erwartet, damit liegt das aktuelle KGV bei rund 41. Weil das nicht zu teuer erscheint, empfehlen 54 von 58 Analysten auf der Plattform Refinitiv Eikon die Aktie zum Kauf. 

Das durchschnittliche Kursziel lautet auf 137,50 USD, das liefert aus heutiger Sicht langsam wieder langfristige Perspektiven. Über das laufende Quartal wird Nvidia am 28. August berichten. Spannend!

Amazon und Alphabet -Schneller, höher, weiter!

Ebenso prominent sind die Aktien von Amazon und Alphabet einzustufen. Sie sind ebenfalls Teil der so stark verfolgten Gruppe der „Magnificent 7“. Die glorreichen Sieben gehen zurück auf einen Western aus dem letzten Jahrtausend, die angesprochenen Werte sind hingegen eher auf das kommende Jahrtausend ausgerichtet. Der E-Commerce-Riese Amazon hat in den neunziger Jahren mit Online-Bücherverkauf begonnen und binnen 25 Jahren das größte Online-Warenhaus aufgebaut. Mit den üppigen Cashflows gelang auch der kostenträchtige Aufbau einer Server-Bastion, die heute eine der größten, weltweiten Clouddienste neben Microsoft, Google und Apple bereitstellt. 

Gründer Jeff Bezos machte noch nie einen Hehl daraus, dass er irgendwann im IT-Sektor ganz oben mitspielen wird. Amazon wächst konstant mit 10 bis 15 % im Jahr, erzielt aber aus seinen riesigen Umsätzen von über 570 Mrd. USD „nur“ eine Nettomarge von 6,4 %. Nicht viel sagen die einen, sehr viel und vor allem skalierbar, sagen die anderen. Ob das ein KGV von 39 rechtfertigt, müssen die Investoren beurteilen. Immerhin ist der Wert in der jüngsten Korrektur bereits 15 % günstiger geworden, das Allzeithoch scheint mit 201,20 USD wohl erst mal in Stein gemeißelt. Mal sehen, wie lang es Bestand hat, die Q2-Zahlen kommen am 08. August.

Die Alphabet-Holding mit ihrem Kern-Asset Google gehört auch zu den am solidesten wachsenden IT und Web-Unternehmen der Welt. Hier sind es die beständigen Werbeerlöse, die über die Suchmaschinenfunktion auf die Bildschirme der User-Endgeräte ausgespielt werden. Im Google-Webbrowser werden sekündlich 100.000 Anfragen weltweit gestellt, zu Spitzenzeiten sogar 300.000. Das Hauptgeschäft ist für über 80 % der Umsätze von soliden 347 Mrd. USD in 2024e verantwortlich und liefert eine Nettomarge von über 27 %. Das ist ordentlich und verspricht langfristige Aktienkurs-Anstiege. 

Das prickelnde an Alphabet ist der Venture-Arm. Denn mit einem Free Cashflow von über 75 Mrd. USD im laufenden Jahr lassen sich viele visionäre Themen angehen. Durch seine integrale Aufstellung ist der Konzern aus Mountain View (USA) damit eigentlich überall dabei und wenn es in einem Bereich mal nicht so gut läuft, dann liefert eben eine andere Sparte den Cashflow. Ob das hauseigene KI-Modell Gemini an den First Mover „ChatGPT“ herankommt, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Fakt dürfte sein, dass Alphabet auch ohne KI ein Backbone für das Internet bleiben wird. Mit aktuell 170 USD hat der Kurs bislang nur 12 % vom Top eingebüßt und mit einem KGV 2024e von knapp 22 ist die Aktie alles andere als teuer.

Experten auf der Plattform Refinitiv Eikon sehen für Amazon ein 12-Monats-Kursziel von 222 USD, bei Alphabet gibt es ganze 45 Kaufempfehlungen mit einem durchschnittlichen Zielkurs von 203,50 USD. Alles im grünen Bereich, aber lassen sie die Werte bis zum Nachkauf ruhig noch etwas konsolidieren. Eine Abkühlung im Sturmlauf kann nicht schaden.

Verve Group – Ein neuer Name und viel Dynamik

Vor ein paar Wochen hatten wir ihnen die Aktie von MGI Media & Games Invest SE vorgestellt. Die Aktie stand damals bei 1,65 EUR und firmierte im Juli dann zur heutigen Verve Group um. Nicht nur der Name hat sich verändert, auch der Wert des Unternehmens stieg gewaltig. Mittlerweile hat die Marktkapitalisierung der in Schweden notierten Verve Group um ganze 70 % zugelegt.

Die heutige Verve Group startete vor über 20 Jahren als Spielefirma namens Gamigo AG in Deutschland, nun hat man aus dem Unternehmen einen Spezialisten für „Programmatic Advertising“ mit weltweiter Relevanz gemacht. Zwar werden auch heute noch Umsätze im Spielebereich generiert, Hauptgeschäft ist aber die hauseigene Plattform welche die Nachfrage von Werbetreibenden mit dem Anzeigenangebot von Publishern verbindet. Und das in Millisekunden!

Mit über 2 Milliarden adressierbaren Endgeräten erzielt die Verve Group somit Umsatz im Sekundentakt. Kurz nach der Hauptversammlung im Juli emittierte Verve 27,11 Mio. Aktien in einem beschleunigten Bookbuilding-Verfahren zu 16,60 schwedische Kronen. Gleichzeitig erwarben sowohl der CEO Remco Westermann als auch der CFO Paul Echt ordentlich Aktien im Bereich 1,68 bis 1,76 EUR. Überzeugt von seinem eigenen Deal beteiligte sich der Vorstandschef auch an der Kapitalerhöhung im Umfang von 19,92 Mio. SEK oder rund 1,74 Mio. EUR. Auch das Family Office Oaktree Capital Management war bei der Zeichnung signifikant an Bord. 

Unmittelbar nach den Kapitalmaßnahmen wird bekannt, dass Verve von der amerikanischen Advantage Solutions Inc. 100 % der Jun Group übernehmen wird. Als Transaktionspreis wurde 170 Mio. EUR genannt. Das auf die mobile Nachfrage ausgerichtete Geschäft der Jun Group mit direktem Zugang zu über 230 der Fortune-500-Werbetreibenden und -Agenturen in den USA, passt perfekt zur marktführenden, US-zentrierten, mobilen angebotsseitigen Plattform von Verve. Die abgeschlossene Transaktion wird zu einem ausgewogeneren Vertriebsmodell mit 30 % nachfrageseitigem und 70 % angebotsseitigem Geschäft führen.

Verve baut mit diesem Coup seinen Marktanteil im Programmatic Advertising signifikant aus und setzt die prognostizierten Zahlen für 2024 ordentlich nach oben. Pro Forma steigt die Erwartung beim Umsatz von ursprünglich 350 bis 380 Mio. EUR auf jetzt 380 bis 400 Mio. EUR. Mittelfristig erwartet man nun 25 bis 30 % Umsatzplus per annum bei einer EBITDA-Marge von 30 bis 35%. Wegen der neuen Größe reduziert sich auch der Nettoverschuldungsgrad auf das 1,5 bis 2,5-fache des EBITDA. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 322 Mio. EUR und ein adjustiertes EBITDA von 95 Mio. EUR. Mit einer geschickten Aufstockung der Anleihe aus dem Jahr 2022 (bis 2026) gelingt auch noch eine deutliche Absenkung der Finanzierungsbelastung durch die Rückzahlung der couponstärkeren 2020/2024-Anleihe. Well done!

Die Segel sind nun gesetzt für mehr Wachstum und Profitabilität. Investoren wurden schon mal mit einem Kursaufschlag von 55 % seit Mai 2024 belohnt und auch die Researchhäuser sind nachhaltig begeistert. GBC und First Berlin erwarten Kursziele von 6,00 bzw. 4,90 EUR auf Sicht von 12 Monaten. Es kann also munter weitergehen, eine weitere Kursverdopplung sollte nicht überraschen!

A2Z Smart Technologies – Consumer-Analytik auf höchstem Niveau

Ein komplette Neuvorstellung ist das kanadische IT-Unternehmen A2Z Technologies. Die Entstehungsgeschichte des Unternehmens umfasst Retail Solutions; Sicherheit in der Automobilindustrie sowie Lösungen für Energie-, Sicherheit- und Militäranwendungen. Bahnbrechend war die vor knapp 5 Jahren erfolgte 19 %-Beteiligung an Cust2Mate Ltd. und die in 2020 erfolgte Aufstockung um weitere 60,49 % der Aktien. Damit ist wurden die Weichen gestellt, für die Retail-Industrie eine „State-of-the-Art“-Lösung für smartes Einkaufen zu entwickeln. 

Im Gegensatz zu Amazon, die ihre Schlagkraft durch die breite Marktabdeckung und das schier unendliche Produktportefeuille zementieren, geht es A2Z Technologies um die smarte Durchdringung des personalisierten Verkaufs. Mittel zum Zweck sind hier die sogenannten Smart-Carts, also speziell konfigurierte Einkaufswagen, die sich die Gewohnheiten des Käufers zu Eigen machen und das Einkaufen zu einem gelenkten Erlebnis werden lassen. Der Einkaufswagen registriert, rechnet und offeriert Vorschläge für den Konsumenten, im Hintergrund werden die Daten genutzt, um die Lagerhaltung und Beschaffungsprozesse zu optimieren.

Studien zeigen bereits, dass die Warenkorbgröße zunimmt, wenn Ladengeschäfte diese Art von Technologie anbieten. Die Gründer von A2Z sehen die Entwicklung ähnlich disruptiv, wie den Marktstart von Uber, der die gesamte Taxi-Branche von links auf rechts drehte. Während der Kunde seine Waren auswählt, scannt und bezahlt, weiß der Einkaufswagen, ob Artikel entnommen oder hinzugefügt wurden, ohne dass eine Zahlung erfolgt ist. In diesem Fall lässt das System eine Lampe aufleuchten, um den Konsumenten bei seinem Bezahlvorgang zu unterstützen.

Der 3.0-Wagen von Cust2Mate verschmilzt Online- und physisches Einkaufen und schafft so eine reichhaltigere, kohärentere und effizientere Umgebung sowohl für den Käufer als auch für den Einzelhändler, während er gleichzeitig neue Erfolgsmöglichkeiten eröffnet, wie z. B. In-Store Retail Media. In diesem Fall generiert das Tablet des Einkaufswagens reichhaltige Inhalte sowie personalisierte Angebote. Und noch ein Vorteil: Das Warten an der Kasse hat ein Ende, denn der gefüllte Wagen rechnet sich selbst ab, wenn er die Bezahlschranke durchquert.

Aktuell kostet ein smarter Einkaufswagen noch rund 4.500 USD, im Laufe das Jahres soll dieser Preis aber auf rund 2.000 USD sinken. A2Z Technologies hat eine funktionierende Plattform und ein hochqualifiziertes Team installiert, um das anstehende Marktwachstum zu bewältigen. Kunden sind bereits die Casino-Gruppe und Carrefour in Frankreich, Migros aus der Schweiz, Morton Williams aus New York sowie die Retailer Yochananof und Hastok aus Israel. Darüber hinaus wurden Cust2Mate 3.0-Wagen an lokale Partner in Rumänien, Mittelamerika, Thailand und Australien in Erwartung weiterer Einsätze ausgeliefert. Laut einer Studie von Research and Markets steigt der globale Smart Shopping Markt von etwa 932 Mio. USD in 2020 auf etwa 4 Mrd. USD im Jahr 2026. 

Die rasanten Fortschritte mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz und der ausgefeilten Analysefunktionen von Big Data dürfte in den nächsten Jahren einen regelrechten Run auf intelligente Verkaufs- und Warenwirtschafts-Systeme auslösen. Im Jahr 2023 setzte das Unternehmen rund 11,4 Mio. USD um, die Bruttomarge betrug etwa 20 %. Nach großen Investitionen in die Technologie soll bereits im vierten Quartal 2024 der operative Breakeven erreicht werden. Ein strammes Programm!

CEO Gadi Graus kommentierte jüngst: „Wir freuen uns darauf, unseren Wachstumskurs zu beschleunigen und unsere revolutionären Lösungen für intelligente Einkaufswagen in weitere Märkte auf der ganzen Welt zu bringen.“ Die Chancen stehen gut, denn der Markt wartet auf griffige Anwendungsbereiche von KI und Big Data, ebenso die Schar der Hightech-Investoren. Die Aktien von A2Z Technologies haben die jüngsten Trends von Nvidia und Amazon bereits abgebildet und sich seit Anfang Juli glatt auf 0,78 EUR verdoppelt.

Die rund 43 Mio. ausstehenden Aktien sind noch zu 49 % in den Händen der Gründer, des Managements und institutioneller Investoren. Der Titel ist in Frankfurt und Berlin notiert, Haupthandelsplatz ist die Nasdaq. A2Z Smart Technologies ist eine hoch interessante Beimischung im Sektor KI, Retail und Big Data. Die Story nimmt u. E. gerade erst richtig Fahrt auf.

FAZIT

Künstliche Intelligenz und Big Data sind Treiber der aktuellen Börsen-Phantasie. Aktien aus diesem Sektor konnten in 2024 bislang eine prägnante Outperformance erzielen. Auch wenn Titel wie Nvidia, Amazon oder Alphabet bereits weit gelaufen sind, scheint das Anlegerinteresse ungebrochen. In der fundamentalen Sicht lassen sich Umsatz-Zuwächse von bis zu 100 % ausmachen, kein Wunder, dass manche Titel eine starke Anpassung in der Bewertung erfahren.

Teilweise sind auch die Bewertungen durchaus fortgeschritten. Der risikobewusste Investor diversifiziert Standard-Titel mit aussichtsreichen Nebenwerten und erhält unter dem Strich eine ausgewogene Rendite. Spezialwerte wie die Verve Group oder A2Z Technologies bilden dabei wegen ihrer Alleinstellungsmerkmale ein besonderes Chance-Risiko-Verhältnis ab. Insgesamt dürfte sich KI und Big Data zu einem mehrjährigen Megatrend entwickeln.